Das können wir!
Süddeutsche Meisterschaft. Das klingt nach etwas ganz Großem. Nach etwas, das im eigenen Verein rar ist und schon sehr lange zurückliegt. Nach etwas, das eigentlich nur die anderen erreichen. Und definitiv nach etwas, das in unserer Hockey-Jahresplanung bisher nicht vorkam.
Doch wer Meister in der Regionalliga wird, heißt nicht nur einfach so, sondern löst eben das Ticket zur süddeutschen Meisterschaft.
Oha. SÜDDEUTSCHE MEISTERSCHAFT. Können wir das?
Plötzlich gilt es, Extra-Trainingseinheiten zu absolvieren, konkrete Ziele zu vereinbaren, sich neu auszustatten, (Corona-)Regularien zu studieren, eine Einlaufmusik auszuwählen, Team-Fotos und Spielerlisten zu verschicken und unterschiedlichste Dinge unbedingt oder auf gar keinen Fall zu erledigen oder zu vergessen.
Und letztlich gilt es natürlich, einen kühlen Kopf zu bewahren und mit einem solchen die Reise nach Grünstadt anzutreten. Zum Glück geschieht dies nach genauem Ablaufplan. Das hilft. Und sorgt dafür, dass die Halle der Gastgeber zu früher Morgenstunde und in Windeseile in ein orangenes Farbenmeer verwandelt wird. Herrlich. Fahnen, Flaggen, Banner. Liebevoll gestaltete Plakate. Und außerdem: Jede Menge aufgeregte Fans mit Tröten, Sirenen, Klatschteilen.
Und inmitten dieses Spektakels betreten nun diejenigen das Szenario, um die es eigentlich geht. Unsere Meister. Für einen Moment scheint sich die schwere Hallenluft in ein leichtes Lüftchen zu verwandeln. Wie sie in ihren Aufwärmtrikots eine schier durchchoreografierte Folge von Sprints, Kobras und ersten Spielzügen zeigen, macht jetzt spätestens allen deutlich: die Jungs wissen, warum sie hier sind und was sie hier wollen.
Eben so treten sie das erste Spiel gegen den TFC Ludwigshafen an. Dieses nutzen sie, um in beeindruckender Weise zu demonstrieren, was sie so gerne schon früher auf dieser großen Bühne gezeigt hätten. Unterstützt von der entzückten Fangemeinde, die irgendwann nicht mehr weiß, woher das angenehme Schwindelgefühl herrührt, werden Spielzüge umgesetzt, die die individuellen Stärken ebenso unter Beweis stellen wie ein überzeugendes Zusammenspiel. Zum Abpfiff möchte man sich fast die Augen reiben. Wer hätte einen 10:0-Einstand ernsthaft für möglich gehalten?
Spätestens nach dem anschließenden 4:1-Sieg gegen den Rüsselsheimer RK haben sowohl die Anwesenden vor Ort als auch die in der Co-Ausrichter-Halle in Speyer die Heilbronner Buben fest im Blick. Daran ändert sich auch spürbar nichts nach dem dritten und letzten Spiel des Tages, das müsligestärkt gegen den Münchner SC bestritten wird. Die jungen Bayern brauchen den Sieg, um die Endrunde zu erreichen. Entsprechend treten sie gegen unsere bereits für das Halbfinale qualifizierten Meister an, die mit dem Endstand von 1:3 durchaus zufrieden sein können. Tagesziel erreicht. Taschen gepackt und ab in ein Hotel, das kaum meisterlicher sein kann.
Tagesziel erreicht. So auch das Ergebnis der kritischen Selbstreflexionsrunde, die sich keinesfalls die neue Team-Psychologin ausgedacht hat, sondern die Teil eines ausgesprochen professionellen Coaching-Programms ist. Was gefiel an diesem Tag besonders? So viel sei ausgeplaudert: auch die Unterstützung durch die Fans wird deutlich honoriert.
Jetzt aber: Kopf frei machen, essen, Spiele reflektieren, schlafen. Selbst das geschieht in einer Ernsthaftigkeit, die die Besonderheit des Erlebten zum Ausdruck bringt. Eine Fortsetzung findet die neugewonnene Professionalität in einer Morgenaktivierung, einer vorbereitenden Spielanalyse und einem Frühstück, das jedem Ernährungsberater ein Freudentränchen ins Auge gezaubert hätte.
Neuer Tag. Gleiches Ziel. Noch mehr Fans! Unsere Buben in bester Verfassung.
Gute Voraussetzungen für ein Halbfinale gegen den starken SC Frankfurt 1880, dem man bereits an anderer Stelle gegenüberstand. Nur schwach der Trost, dass das Ergebnis damals eindeutiger war. Denn mit der 0:3-Niederlage ist der Einzug zur deutschen Meisterschaft weiterhin nicht besiegelt.
Das Spiel um Platz 3 kann`s richten und geht abschließend erneut gegen die Münchner. Nach namentlicher Vorstellung, die so auch noch nicht zur Routine unserer Jungs gehört, zeigen sie sich mit all ihrem Können und bemerkenswerter Souveränität. Doch die herausgespielte 2:0-Führung wird durch Ecken- und Siebenmeter-Tore ausgeglichen und mündet in einem regelrechten Hockey-Krimi. Denn auch das fast eingetütete 3:2 wird kurz vor Schlusspfiff in ein 3:3-Unentschieden umgewandelt.
Was definitiv nicht auf der Wunschliste stand, war eine Penalty-Entscheidung! Und doch finden sich glücklicherweise drei Heilbronner Spieler, die sich dieser unglaublichen und vom Hallensprecher forcierten Verantwortung stellen. Eine unfassbare Zerreißprobe beginnt, die sich in etwa so zusammenfassen lässt: Schuss Heilbronn. Kein Tor. Schuss München. Torwart hält. Schuss. Tor. Schuss. Tor. Schuss. Tor. 7 Meter. Warum? Schuss. Tor. Tor. Ach nee. Doch nicht. Zeit abgelaufen. 7 Meter. Torwart hält. Daneben. Tor. Jubel Heilbronn! Tor zurückgenommen. Schuss. Tor. Jubel München! Tor Heilbronn. Doch nicht. Irgendwas mit der Linie. München Schuss. Tor. … Letztlich wird das Spiel mit einem 8:7-Sieg für München entschieden und die Heilbronner Jungs müssen sich von ihrem Traum, nun auch noch zur deutschen Meisterschaft fahren zu dürfen, endgültig verabschieden.
Tröstende Worte werden natürlich nicht gehört, stolze Aufmunterung verpufft. Präsent ist die verpasste Chance.
Und doch war der starke Auftritt unserer jungen Meister so viel mehr als der nüchterne Vermerk auf der HBW-Seite: „Für die U18 und die U16 des HC Ludwigsburg reichte es ebenso wenig wie für die U14 der TSG Heilbronn unter die drei besten der Süd-Qualifikation.“
Jungs, seid stolz auf euch – ganz im Sinne Heilbronns: „Viel erreicht. Noch viel vor.“ Und seid euch gewiss: Eure große Fangemeinde bleibt euch treu!
An dieser Stelle geht ein ganz herzliches Dankeschön an alle Heilbronner, die das Team auf verschiedenste Art so großartig, laut und liebevoll unterstützt haben!
Das schließt explizit unsere Coaches Michi und Uwe sowie den extra angereisten Georg mit ein. Danke für eure professionelle und motivierende Begleitung!
Süddeutsche Meisterschaft – Das können wir!
Insbesondere: Anton (TW), Daniel, Fabian, Hannes, Henri, Leo, Levin (TW), Magnus, Max, Nils, Tim und Tom
Bericht: Anne Baasch
Fotos: Heilbronner Fans